Bistum Regensburg schafft Zentrum für christliche Bilderwelten
Im Bistum Regensburg ist einiges anders als in anderen Diözesen, aber nicht alles. Es gibt zum Beispiel auch hier eine schicke Bischofswohnung aus jüngerer Zeit, in der noch nie ein Bischof gewohnt hat. Stattdessen finden sich auf den zwei Etagen des 2014 entstandenen Gebäudeflügels hinter dem Ordinariat Schätze religiöser Volkskunst, die der Hausherr, Bischof Rudolf Voderholzer, gerne herzeigt. Nur wenig davon gehört ihm selber. Zum Beispiel eine Kollektion von 3.000 Primizbildchen, also persönlich gestaltete Gebetszettel zur ersten Messfeier eines Neupriesters. Chronologisch sortiert, lagern sie in Leitzordnern, beginnend 1840. Auf einigen steht noch der handschriftlich notierte Preis: Schnäppchen vom Flohmarkt.
Seit fünf Jahren führt Voderholzer durch die Sammlung, die mittlerweile 2.000 Besucher bestaunen konnten. Bei einer solchen Gelegenheit kann man den Bischof, der nach außen oft verschlossen und streng wirkt, von einer ganz anderen Seite erleben. Je länger die Führung dauert, desto mehr taut er auf und scheint ganz in seinem Element zu sein: Glaubensvermittlung anhand anschaulicher Objekte. Das kann Geschenkpapier sein; eine Kirchenfassade, gestaltet aus glitzerndem Stanniolpapier, Abfall von Schokoladentafeln und Pralinen; oder ein Kruzifix, das ein handwerklich geschickter Bastler in einer Glasflasche untergebracht hat – nach Art eines Buddelschiffs.
Keine Dauerausstellung mehr geplant
Was es in der Bischofswohnung zu sehen gibt, ist nur ein Bruchteil des Bestandes an religiöser Volkskunst im Besitz der Kunstsammlungen des Bistums Regensburg. Mit mehr als 3.800 Objekten handelt es sich um eine Kollektion von europäischem Rang. Für sie soll nun ein neuer Platz geschaffen werden – einer, den es so in ganz Deutschland bisher nicht gibt. "Institut für christliche Bilderwelten", heißt der Titel des Projekts. Im Ehrenfelser Hof, einem denkmalgeschützten Bau in der Regensburger Altstadt, entsteht bis 2026 ein "Forschungs- und Kompetenzzentrum für religiöse Volkskunst und visuelle christliche Glaubensvermittlung" in Kooperation mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen.
Ein Museum, also eine Dauerausstellung, ist dort nicht mehr geplant. Nach Bedenken im Priesterrat wurde dieses um einige Millionen Euro teurere Vorhaben fallengelassen, für das ein Neubau im Innenhof nötig geworden wäre, Aufzug inklusive. Mit 2,5 Millionen Euro wird die Ertüchtigung des Gebäudes in der Schwarze-Bären-Straße 2 kalkuliert. Geld, das nur zum Erhalt des gut 800 Jahre alten spätromanischen Gemäuers ausgegeben werden muss. Dazu kommen für die geplante Nutzung als Institut weitere 1,3 Millionen Euro. Dank privater Spender soll die Eigenleistung auf unter eine Million Euro gedrückt werden, hoffen die Verantwortlichen.
Mit der bisherigen Kommunikation sind sie offenbar nicht so ganz glücklich. Mehrfach verwahrt sich die Leiterin der diözesanen Kunstsammlungen, Maria Baumann, gegen den Eindruck, es ginge hier sozusagen um ihres und des Bischofs Privatvergnügen, und das womöglich auf Kosten dringend benötigter Mittel für die Seelsorge draußen. Vielmehr gelte es ein kulturelles Erbe zu erhalten und auch für kommende Generationen zu erschließen – möglichst über die Grenzen des Bistums hinaus. "Für mich ist es ein Glücksfall, einen Bischof zu haben, der Kultur wertschätzt", sagt Baumann. Das sei nicht selbstverständlich. Und sie betont, dass die benötigte Zustimmung in allen Gremien im Bistum einstimmig ausgefallen sei.
Sachkundiger Abnehmer
Es hat sich bundesweit herumgesprochen, dass Regensburg ein guter Ort für Objekte dieser Art ist: Klosterarbeiten, Weihwasserkessel, Kerzen und andere Wachserzeugnisse fanden Eingang in den Bestand, auch die größte Adventskalendersammlung der Welt. Sammler wenden sich nach Regensburg in Sorge, dass ihre Erben keinen Sinn mehr haben für ihre Leidenschaft. Oder keinen Platz. Auch mancher Pfarrer ist froh um einen sachkundigen Abnehmer für das, was auf seinem Dachboden an Überbleibseln aus der Vergangenheit aufgetaucht ist. Dazu kommen gezielte Ankäufe.
Hinter einigen Stücken verbergen sich regelrechte Dramen. Voderholzer bleibt vor einer sogenannten Fluchtkrippe stehen. Nach der Vertreibung 1945 ist ein Vater mit seinem Sohn des Nachts über die Grenze zur damaligen Tschechoslowakei zurück, um sie aus dem Versteck zu holen. "Es berührt mich immer wieder, was so eine Krippe einem Mann bedeutet, dass er sein Leben und das seines Kindes dafür riskiert hat", sagt Baumann.